Tag 6

Donnerstag, 24. März 2016

by Bäda

Wir waren zwar noch nie in diesem Urlaub so früh wach wie an diesem Tag, schafften aber das Kunststück, trotzdem so spät wie noch nie aus dem Zimmer zu kommen. Dabei hatten wir uns schon ein bisserl Programm vorgenommen an diesem Tag.

Als wir endlich im Auto saßen, sollte uns die erste Fahrt nach Chepstow Castle führen, nur ein paar Kilometer weg,

vielleicht 10 Minuten zu fahren. Also zurück auf die große Brücke, die von England nach Wales plötzlich Maut kostet und …..

scheiße, falsche Ausfahrt am Kreisverkehr genommen! Super, 10 km Umweg, einfache Strecke.

Am Ende der 10 km gewendet, macht das Navi plötzlich Zicken und schwupps, wieder auf einer falschen Strecke,

diesmal 14 km einfache Fahrt und über eine andere Brücke, was beim Umkehren nochmal Maut zahlen bedeutete!

Zum Kotzen, der Tag ging ja schon gut los!

Aus ca. 10 Minuten wurde also eine knappe Stunde, bis wir endlich vor Chepstow Castle standen.

Bei schönem englischen Pisswetter!

Vorher hatten wir uns noch kurz in der Stadt verfranst und danach wollte ich ein Parkticket lösen, aber es fehlten 5 Pence zur Minimalgebühr und ich musste im Fremdenverkehrsbüro erstmal Geld wechseln. Am Eingang zur Burg das CADW-Jahresticket gekauft, um Eintritt zu sparen, sogar noch 10 Pfund Rabatt bekommen (Wir zahlten also 56 Pfund für die einjährige Familienmitgliedschaft.) und endlich ging’s rein.

Cadw ist übrigens quasi das walisische Gegenstück zum National Trust.

Chepstow ist – im Gegensatz zu den Häusern die wir bis jetzt besucht hatten - eine Burgruine, also mal was anderes.

Sie liegt auf einer Klippe über dem River Wye und gilt als die älteste steinerne Burg in Großbritannien.

Der Bau der Burg begann immerhin schon 1067. Also ganz schön alt dieses Gemäuer!

Nachtrag von Moritz:

In der Burg wollte ich Mama etwas necken. Ich ging also zu ihr, um sie ein wenig anzurempeln.

Sie bekam es allerdings aus dem Augenwinkel mit, wollte sich rächen und tat so, als wolle sie mich schlagen.

Blöd nur, dass sie die Entfernung falsch einschätzte und ihre Faust tatsächlich meinen Kopf traf!

Sie hatte mir eine rechte Gerade fast voll eingeschenkt! 

Immerhin plagte sie gleich ihr schlechtes Gewissen und wir versuchten die Stelle an den kalten Steinen der Burg etwas zu kühlen.

Aber am Ende des Tages hatte ich doch eine kleine Beule an der Stirn.

Mann, mir geht´s manchmal soooo schlecht in dieser Familie!  :-D

Die Burg liegt auf einem langgestreckten schmalen Höhenzug am Nordufer des Wye.

Zum Fluss hin fällt das Gelände teils fast senkrecht ab. Sehr beeindruckend, das zu sehen!

Die Burg diente auch schon des Öfteren als Filmkulisse. 1913 drehte hier Leedham Bantock eine der frühesten Verfilmungen des Romans Ivanhoe, außerdem war sie ebenfalls Drehort für den Film Jabberwocky und für zwei Folgen der Serie Robin Hood.

Trotz englischem Nieselsprühregen war die komplette Family gut gelaunt  :-)

Der Ausblick war der absolute Wahnsinn. Muss man gesehen haben. Direkt unten fließt der Wye vorbei

und man hat einen tollen Blick auf die Landschaft.

Ansonsten gibt’s dazu nicht soviel zu sagen, Annett hat fotografiert, Moritz und ich sind ein bisserl rumgekraxelt.

Und dann waren wir auch schon durch, viel früher als erwartet und hatten die Stunde aus dem Anfahrtsdesaster schon wieder drin.

Danach ging’s weiter zu Tintern Abbey, einer Klosterruine. Die war eigentlich nur so als „wenn- sich’s-ausgeht-Ziel“ vorgesehen, aber dann sind wir am Vortag dran vorbeigefahren und es war klar: Da MÜSSEN wir hin. Die war auch gar nicht so weit weg

und – Achtung! - das haben wir ganz easy, ohne verfahren und vor allem ohne Navi hinbekommen.   ;-)

Und wir hatten uns nicht zuviel versprochen. Tintern Abbey würde wunderbar in jeden Robin Hood- oder Artus- oder sonstigen Ritterfilm hineinpassen. Eine unglaubliche Ausstrahlung geht von dieser Ruine aus.

Tintern Abbey ist ein ehemaliges Kloster, das im walisischen Wye Valley liegt und bei dem die ersten Gebäude 1136 fertiggestellt worden sind.

Von diesen Bauten sind allerdings nur noch wenige Überreste vorhanden, da das Kloster des Öfteren umgebaut und erweitert wurde.

Das Großteil der Ruinen, welche man heute besichtigen kann, stammt aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts.

Das Kloster wurde 1536 aufgelöst, nachdem der Orden aufgrund der Errichtung der Anglikanischen Staatskirche durch Heinrich VIII. dazu gezwungen wurde. Die Wertgegenstände des Klosters wurden der königlichen Schatzkammer übergeben und die Gebäude dem Earl of Worcester zugesprochen. Dieser ließ das Bleidach abtragen, wodurch die Abtei dem Zerfall preisgegeben war.

Da kann man sich echt lang aufhalten und alle möglichen Ecken erkunden. Der Vorteil an Ruinen ist ja, dass du dich da viel freier bewegen kannst als in den restaurierten Schlössern. Logisch, aber eben auch echt interessant. Von der Ruine aus machten wir noch einen Spaziergang in das Dorf, Tintern, und auch das ist sehenswert. Malerisch gelegen an einem Fluss (ich vermute, der gleiche, an dem auch Chepstow Castle liegt) mit wunderbar gepflegten und erhaltenen alten Häusern. Absoluter „Mittelalter-Style“.

 Aus Fotogründen überquerten wir noch die wenig vertrauenswürdig zusammengeschusterte Dorfbrücke über den Fluss und gingen diese auch zurück, bis auf die Cheffotografin, die eher im Laufschritt unterwegs war, wegen geringem Vertrauen in die Bauweise….  :-D

Nach Tintern folgte eine längere Fahrt, es ging nach Newport zur Transporter Bridge.

Ich konnte mir nix drunter vorstellen, Annett hatte nur erzählt, da gibt es eine ziemlich hohe Brücke, wo man drüberlaufen kann und sie läuft sicher nicht mit. Als wir dann durch Newport Richtung Brücke fuhren, war mir auch noch gar nix klar.

Das war eine Industriegegend, wo keiner freiwillig hingeht. Überall Fabriken, Schlote, Müllgruben und es stank.

Und mitten da führt uns das Navi rein an eine kleine Hütte mit Schild „Touristik-Information“.

Es dauerte kurz bis ich begriff. Die Transporter Bridge ist eine über hundert Jahre alte Industrieeinrichtung, eine Art „hängende Fähre“.

Über den Fluss, über den die Brücke führt, hätte man niemals eine Fähre fahren lassen können, wegen der Gezeiten und vor allem wegen der ständigen Industriearbeiten drum rum. Also hat man – eine damals gängige Bauweise - eine riesige Stahlkonstruktion drüber gebaut.

Unter dieser Konstruktion hängt – praktisch wie eine Schaukel - eine Plattform, auf der bis zu 6 Autos und -zig Fußgänger Platz haben

und diese Plattform überquert quasi schwebend und ziemlich zügig den Fluss.

Und oben, auf 44 Meter Höhe, kann man auch zu Fuß drüber laufen. Geil! Nur nicht heute, denn da war der Weg gesperrt, wegen „slippery“.

Ach ja, hatte ich noch nicht erwähnt. Seitdem wir am Morgen aufgebrochen waren, regnete es, mal mehr, mal weniger, aber stetig.

Und windig war es auch. Deshalb war die Brücke nur auf der Hängeplattform zu überqueren, was wir auch taten.

Ruckzuck rüber und da standen wir dann, schön war’s da nicht. Aber die nette Besatzung, die offenbar auch froh war, mal jemanden zu sehen, rief uns zu, wir könnten gerne hoch gehen auf die Steuerplattform, der Kollege dort würde sich freuen. Also sind wir da hochgeklettert und der Mann da drin, der nun wirklich keinen aufregenden Job mehr hat, war heilfroh, dass jemand zum Quatschen kam und hat uns erzählt und erzählt: Wie alt das Ding ist, wie hoch und wie alles funktioniert. Und dann hat er, weil unten grad ein Auto stand und rüber wollte, uns doch glatt „eingeladen“, das von oben mit anzusehen, aus dem „Maschinenraum“. Das war dann auch wirklich interessant. Echte Grobmechanik. Der Transport findet über eine gigantische Seilwinde statt, die Drahtseile sind so dick wie Unterarme und die Energie, die da frei wird, ist gewaltig.

Wenn die Maschine loslegt, darf keiner in der Nähe der Seile sein, denn die schwingen so stark,

wenn die dich erwischen, dann gute Nacht.

Wir verabschiedeten uns und machten uns auf den Rückweg, jetzt wussten wir ja, wie das Ding funktioniert. Von dieser Art Brücken sind übrigens noch ein paar im Einsatz, eine in Deutschland in einem Ort namens „Osten“. Wir wissen nicht, wo das ist, ich würde aber tippen,

„Osten“ liegt im Westen. Wäre ja lustig. O.k., Flachwitz, aber der muß auch mal sein.   ;-)

In der Nähe von Newport gab‘s noch ein Anwesen zu besichtigen, Tredegar House, das wir gerne mitnahmen.

Vor allem, weil’s viel innen zu sehen gab, das Wetter war weiterhin nicht wie bestellt….

Am Eingang zum Haus erwartete uns ein sehr netter Guide, das sind bei National Trust fast immer Rentner, die sich was dazuverdienen, und der gab sich besondere Mühe, nachdem er herausbekommen hatte, dass wir Deutsche waren, verständlich und deutlich zu sprechen.

So viele Infos hatten wir demnach auch bisher noch nicht auf unserer Reise zur Kenntnis nehmen können, wie bei diesem netten Herrn,

ganz einfach weil wir alles, aber auch wirklich alles, verstehen konnten.

Das Tredegar House soll eins der prächtigsten Herrenhäuser in Wales sein

und diente der Familie Morgan bis 1951 mehr als 500 Jahre lang als Stammsitz.

Die Morgan´s waren eine sehr reiche Landbesitzer-, Unternehmer- und Maklerfamilie. Das Haus und die Gärten wurden detailgetreu restauriert und spiegeln die Atmosphäre wider, die im Tregedar House herrschte, als die Morgans ihr Vermögen noch nicht verloren hatten.

Das große Herrenhaus wurde von 1664 bis 1672 erbaut.

Auf einem Tisch entdeckten wir eine Skizze der Transporter Bridge,

die wir gerade besucht hatten. Was für ein Zufall  ;-)

Zwei Generationen schafften es, den immensen Reichtum der Familie zu verprassen. Der letzte Morgan hat den restlichen Besitz inkl. Tredegar House und hier insbesondere Bilder, Teppiche, Möbel etc. Stück für Stück verkauft, um die Schulden der Familie zu begleichen.


Später wurde das Haus Hospital und zuletzt Schule und stand in den Siebzigern vor dem Abbruch,

den der Verein "Freunde von Tredegar House" aber verhindern konnten.

In den Gesindeunterkünften kann man sich vorstellen,

wie das Arbeitsleben in einem prunkvollen Haus vor so langer Zeit ausgesehen hat.

Das Haus war auch wieder sehr schön. Es ist zwar meistens das gleiche Schema, aber immer wieder beeindruckend, wie das früher alles organisiert war und was für eine Armada an Bediensteten da für die Besitzer im Einsatz war. Die Räumlichkeiten der Angestellten sind dann auch in diesem Gebäude wieder ein Highlight gewesen. Vor allem die Klingeln im Untergeschoss, die jedem Angestellten mit extra Ton signalisierten, dass nun er gefragt war und vor allem wo, sind schon beeindruckend, wenn man überlegt, wie alt das alles schon ist.

 Zum Abschluss des Tages führte uns die Reise in unser Hotel nach Port Talbot, in der Nähe von Swansea, direkt an die Atlantikküste.

Die Fahrt verlief problemlos, auch das Hotel war schnell gefunden.

Wir blieben die nächsten 2 Nächte im Best Western Aberavon Beach Hotel. Family Room incl Frühstück 160.- Euro für 2 Nächte.

Sogar ein ordentliches Lokal zum Abendessen war in unmittelbarer Nähe. Indisch stand daher auf dem Programm

und wir waren alle zufrieden (Moritz) bis begeistert (ich).

Es hatte geschmeckt  ;-P

Nach dem Essen, quasi zur Verdauung, nutzten Moritz und ich noch den Spa-Bereich, denn diesmal hatte unser Hotel einen Pool. Yes!

Danach waren wir dann auch müde genug, um wieder mal recht früh für unsere Verhältnisse die Äuglein zu schließen…..

 

Hier geht´s weiter zu Tag 7: