Tag 4

Dienstag, 22. März 2016

Beizeiten sprangen wir aus unseren Betten und kurz danach saßen wir bereits im Auto. Wir verließen Manchester Richtung Wales und wollten heute unsere erste Burg besichtigen. Dazu hatte ich das Chirk Castle ausgewählt. Ich hatte für uns bei der Vorbereitung unserer Reise eine einjährige Mitgliedschaft beim National Trust beantragt. Die Bearbeitungszeit sollte ca 3-4 Wochen in Anspruch nehmen, aber bereits nach einer guten Woche lag das Willkommenspaket mit unseren Mitgliedskarten in unserem Briefkasten daheim. Der National Trust ist eine Organisation, die Objekte aus dem Bereich des Denkmalschutzes betreut. Dazu gehören Burgen, Schlösser, Farmhäuser ect., aber auch Parkanlagen und Strände. Als Mitglied hat man freien Eintritt zu den von ihnen betreuten Objekten. Eine einjährige Familien-Mitgliedschaft, die nach den 12 Monaten automatisch endet, kostete uns 110 Pfund, das waren ca 137 Euro. Zudem ist für Mitglieder das Parken vor den Anlagen kostenfrei. Da wir unseren Sommerurlaub in Südengland verbringen werden, und wir vorhatten, uns viele, ganz viele Burgen anzuschauen,

sollte sich die Mitgliedschaft für uns durchaus lohnen.

Sobald wir Manchester verließen, änderte sich auf der Autobahn recht schnell das Landschaftsbild.

Die großen Industrieanlagen verschwanden und es tauchten rechts und links der Straßen unendliche Wiesen auf, auf denen Schafe weideten.

Wir sahen nun nicht nur viele Schafe, nein, gaaanz viele Schafe!

Willkommen in Wales!

Nach einer guten Stunde Autofahrt kamen wir an ein Tor, dass uns den Eingang zum Castle wies. Wir hielten gegenüber des Tores und frühstückten erst mal am Auto. Ein wenig wunderten wir uns, dass wir als einzigste hier standen…

Während wir uns unsere Brotzeit schmecken ließen, kam noch ein Auto des Weges daher, bog in das Tor ein und verschwand auf dem Grundstück. Das Rätsel war gelöst, wir hatten also den Parkplatz noch nicht erreicht. Wieder rein ins Auto und ebenfalls durch das Tor gefahren, ging es noch ein ewig langes Stück bis wir von weitem mehrere Autos standen sahen.

Aber wer hätte auch gedacht, dass man auf diesem schmalen Weg noch mit dem Auto fahren darf?

Wir sind wohl zu "deutsch"  ;-P

Am Eingang zückten wir dann zum ersten Mal in diesem Urlaub unsere National Trust Karten und erhielten freien Eintritt. Wir bekamen lediglich Aufkleber, die wir uns an die Jacken befestigen sollten. Ein etwas blödes System, da diese nicht wirklich gut an den Jacken heften blieben und so entdeckten wir auf unserem weiteren Gang einige von diesen bunten Schildchen auf den Wegen.

Bevor es zum Castle ging, kamen wir auf dem riesengroßen Gelände an den Gesindehäusern vorbei, in denen heute kleine Shops sind, wo man unter anderem Produkte wie Marmelade, Öl oder Schnäpse aus eigener Herstellung erwerben kann. Sehr schön war auch ein Gemüsegarten, in dem in einer Ecke Picknicktische zur freien Benutzung standen. Hätten wir das mal gewusst...

Schließlich standen wir vor dem Castle und waren total beeindruckt! Wow!

Für alle, die es interessiert, ein wenig Geschichte über das Castle:

Das Chirk Castle ist heute ein Kulturdenkmal und wurde ursprünglich ca um 1280 als Burg zur Sicherung der englischen Eroberung von Wales erbaut. Im Laufe der Jahrzehnte hatte die Burg mehrere verschiedene Eigentümer und wurde immer wieder erweitert und umgebaut und später im 18. und 19. Jahrhundert zu diesem prächtigen Landsitz ausgebaut.

Chirk Castle ist die einzige Burg in Nordwales, die ständig seit dem Mittelalter bewohnt wurde.

Da wir alle drei eine gute Kinderstube genießen durften, liefen wir anfangs nur auf den angelegten Wegen.

Aber so kam man nicht durch das Portal in die Gärten. Engländer machten es uns dann vor, indem sie über die Wiesen liefen.

Ob die damals schon was von "Fifty Shades of Grey" gehört hatten???  :-D

Wir kamen uns beim "wild über den Rasen laufen" anfangs etwas komisch vor, aber tatsächlich durfte man hier die Wiesen betreten und es gab auch keinen anderen Weg in den Park. Nach ein paar schloßähnlich angelegten Beeten mit in akkurat in Form geschnittenen Büschen, gelangten wir in den Park, den wir viel schöner fanden. Hier war zwar auch alles fein säuberlich angelegt, geschnitten und gepflegt, aber auf eine wildere natürlichere Art. Wie schön! Selbst Bäda, der mit Botanik ja ansonsten nicht soviel am Hut hat, sagte:

„So geil! Hier könnte ich Stunden verbringen!“

Der Frühling hielt langsam Einzug.

Ein paar Blüten zeigten sich bereits in ihrer schönsten Pracht.

Es ist Wahnsinn, wie weit das gesamte Anwesen sich erstreckt!

Vom Waldstück aus bot sich ein toller Blick aufs Castle:

Und so verbrachten wir auch fast eine Stunde in der Anlage und entdeckten immer wieder neue schöne romantische Plätzchen.

Unserem Junior langte es allerdings irgendwann mit unserem Waldspaziergang, also machten wir uns auf zurück zum Castle.

Da wir es quasi von hinten durch den Park betraten,

erwarteten uns als erstes die Wirtschaftsräume wie zum Beispiel die Wäscherei.


Und das Castle war mindestens genauso beeindruckend wie der Park! Schon im ersten Raum waren wir nahezu sprachlos!

Soviel Inventar wie es hier zu bestaunen gab, Wahnsinn!

Ohne Führung konnten wir uns durch die verschiedenen Räume bewegen und sie entdecken. In einigen Räumen standen ältere Angestellte des National Trust, die für Erklärungen und Fragen bereitstanden. Ein tolles System!

Da wir gleich kurz nach Öffnung der Burg eingetroffen waren, hielt sich die Besucherzahl noch in Grenzen.

Im hinteren, dem ältesten Teil der Burg erkundeten wir die letzten Räume ganz allein für uns.

Die alte Küche, sehr urig:

Moritz hatte dabei nun genauso Spaß wie wir. Am coolsten war für ihn natürlich der Dungeon, der Kerker.

Auf unebenen Stufen kraxelten wir hinunter, huhu, aber es waren keine Geister in Sicht   ;-)

Zum Schluß gabs im neueren Teil der Burg noch einige Räume der Familie Myddleton,

den letzten Eigentümern der Burganlage, zu bestaunen.

Das Castle war riesengroß mit vielen Räumen, die man besichtigen konnte.

Daher blieben wir hier viel länger als ursprünglich eingeplant.

Auf dem Rückweg zum Parkplatz kamen wir an einer Schafherde vobei. Einer kompletten schwarzen Schafherde.

Moritz: „ …da wird keines ausgegrenzt, sind schließlich alle schwarz!“

Wie passend zur aktuellen politischen Lage   ;-)

Bei der Ausfahrt aus dem Park fuhren wir noch an der Llwyn-y-cil Lodge, ein 1888 im Tudorstil erbautes Fachwerkhaus, vorbei.

Was für ein schnuckliges Häuschen!

Nicht minder bewundernswert war das prächtige schmiedeeiserne riesengroße Tor gleich nebenan.

Es wurde 1712 angefertigt und stand ursprünglich am Haupteingang zur Burg.

Als nächstes wollten wir eigentlich laut unserem erstellten Plan zum Pontiscyllte Aquaduct fahren. Aber wir schmissen unseren Plan spontan um. Auf unserem Zettel stand ebenso noch Erddig, ein Herrschaftshaus. Da dieses am nächsten Tag erst 12.30 Uhr für Besichtigungen öffnen sollte, schoben wir es heute noch ein. So könnten wir am nächsten Tag früher weiterfahren. Eine halbe Stunde später gelangten wir an unser Ziel. Dieses Mal waren wir ja nun schon „alte Hasen“ und durchfuhren sofort das Tor. Auch hier folgte noch ein recht langer Weg bis wir am eigentlichen Ziel ankamen. Ist schon der Hammer, welche Dimensionen diese alten Grundstücke haben!

Erddig war dann auch phänomenal. Ganz anders als das vorherige Castle, aber nicht weniger beeindruckend.

Das hier war eher eine riesengroße Farm von sehr betuchten Großbauern. So kam es uns zumindest vor.

Uns erwartete ein großes Gehöft, in dem es auch alte Automobilschätze zu bestaunen gab.

Erddig wurde 1684 erbaut für Joshua Edisbury, den High Sheriff of Denbighshire, Wales. Es soll eines der landesweit besten Herrenhäuser sein.

Später gehörte das Anwesen mehr als 250 Jahre lang der Familie Yorke, die es 1973 in die Obhut des National Trust gaben.

Man erfuhr hier viel über das Arbeitsleben der Dienerschaft.

Die Familie Yorke pflegte übrigens ein gutes Verhältnis zu ihren Angestellten. Fast alle Personen der Dienerschaft blieben hier über Jahre

und die Familie ließ dann von ihnen sogar Ölgemälde anfertigen. Hört man auch nicht allzu oft...


Die weitläufigen Räume im Herrenhaus sind größtenteils noch mit Originalmobiliar ausgestattet.

Das war alles sehr faszinierend!

Was man halt alles so braucht, wenn man den Platz dazu hat-

eine eigene Kapelle...

Ebenso war die Parkanlage herrschaftlich angelegt.

Wie toll musste es hier erst sein, wenn später im Jahr alles blühen würde!


Gegen 16.00 Uhr verabschiedeten wir uns von Erddig. Unser Hotel für die kommende Nacht lag nur eine halbe Stunde Autofahrt entfernt

und so entschlossen wir uns, doch noch zum Aquaduct zu fahren.

Wir verglichen uns langsam schon mit Japanern:

Rein ins Auto, raus aus dem Auto, Objekt anschauen, Fotos machen, weiter, rein ins Auto, raus aus dem Auto etc, etc   :-D

Als wir dort auf den Parkplatz fuhren, fragten wir uns, ob wir überhaupt richtig sind…

Nichts war von der großen steinernen Brücke zu sehen. Aber es stand dort eine große Schautafel, wo ein Wanderweg zum Aquaduct eingezeichnet war, der sich allerdings über 5 Meilen erstreckte. Na dann wird das heute doch nichts mehr!

Einmal hier wollten wir uns wenigstens noch ein wenig umsehen. Kurz hinter dem Parkplatz lag der Kanal und dort dümpelten Boote vor sich hin. Es wirkte nicht so, als wenn sie schon auf Touristenfahrten ausgerichtet wären. Vielleicht begann die Saison erst später???

Auch der Infokiosk war geschlossen. Wir liefen glücklicherweise auch noch in die entgegengesetzte Richtung am Kanal entlang und siehe da:

vor uns erstreckte sich das Aquaduct! Mehr wollten wir doch gar nicht sehen!

Wir liefen darüber bis zum anderen Ufer.

Da standen wir schon in einer enormen Höhe, die mir hier obenauf aber mal nix ausmachte.

Irgendwann schipperte auch eines dieser Boote an uns vorbei. Das war faszinierend zu sehen,

wie dieses sich durch die enge Wasserpfanne schob.

Von der Brücke aus sahen wir auch in einiger Entfernung ein zweites größeres Aquaduct.

Uns langte es allerdings, über dieses kleinere gelaufen zu sein.

Nach dem kleinen Spaziergang gings dann Richtung Hotel. Das stellte sich als etwas langwieriger heraus. Unser Navi fand mal wieder die Adresse nicht! Grrrrr…. Es lotste uns an ein Ziel, wo wirklich nichts war! Hier sagten sich wahrscheinlich noch nicht einmal Hase und Igel gute Nacht!

Also erneuter Anlauf, neue Eingabe, Ziel war nun 20 Minuten entfernt und den gesamten Weg noch einmal retour. Und dieses Mal klappte es. Wir landeten endlich im Premier Inn Wrexham North.

Das Zimmer kostete uns vorab 68.- Euro für 3 Personen, da kann man nicht meckern!

Umso erfreuter waren wir, als wir unser Zimmer betraten. Bei dem Preis erwarteten wir eigentlich nichts Besonderes.

Wenn es günstig ist, darf bei uns ein Zimmer auch älter sein, Hauptsache, es ist sauber!

Aber das hier war recht neu, es hatte super bequeme Betten und ein tolles Bad!

Wir stellten nur kurz unsere Sachen ab und machten uns noch einmal auf den Weg, etwas essen zu gehen. Nur einmal um die Ecke gebogen und wir erblickten einen Pizza Hut. Eigentlich nicht unsere erste Wahl, aber ein anderes Restaurant war in der Nähe nicht zu sehen und Moritz und ich waren heute nicht bereit, noch länger auf die Suche zu gehen.   ;-)

Uns taten die Füße weh, wir wollten nur schnell was essen und dann wieder aufs Zimmer zum Chillen.

Es bestätigte sich wieder: essen gehen auf der Insel ist teuer. Selbst der Pizza Hut war im Gegensatz zu dem in München um einiges teurer.

Wir wählten uns eine Riesenpizza mit zwei versch. Belagen und teilten sie uns. Vorher konnte man sich bereits am Salatbuffett bedienen und Softgetränke waren refill. Wie schön! Somit stimmte das Preis-Leistungsverhältnis wieder.


Gut gesättigt schlenderten wir zurück zum Hotel, wo wir noch ein wenig lasen oder im Internet surften,

bevor bei uns das Licht ausging.

 

Hier geht´s weiter zu Tag 5: